Zum 150. Geburtstag B. G. Teubner (Bunte Blätter. Leipziger Abendpost / 1934):


Zum 150. Geburtstag eines Leipziger Buchhändlers


„Am 16. Juni 1784 wurde dem Pfarrer August Friedrich Teubner und seiner Frau Christine Sophie Hentzschel, die eine Pfarrerstochter war, in Groß-Kraußnigk in der Lausitz als elftes Kind ein Sohn geboren, der in der Taufe den Namen Benedictus Gotthelf erhielt. Obgleich der Junge als Achtjähriger auf die Frage, was er wohl einmal werden möchte, zu sagen pflegte: ‚Ich lerne Superintend’, so ist doch aus ihm später der große Leipziger Buchdrucker und Verleger geworden, der Gründer der Firma B. G. Teubner, deren Ruf auch über Deutschlands Grenzen hinausdringen sollte.

Sieben Söhne studieren zu lassen und noch zwei Töchter zu versorgen - so viele blieben von den zwölf Kindern am Leben -, war bei einem Pfarrerseinkommen nicht möglich und somit mußte Benedictus Gotthelf Michaelis 1798 als Vierzehnjähriger in die Lehre gehen. Er kam zu dem Hofbuchdrucker Carl Christian Meinhold in Dresden in die Lehre. Dort wurde der Lehrling dem 'Anführsgespan', einem älteren Setzer, zugewiesen, wo er zunächst die Einteilung der Schriftkästen lernte und sich dann nach und nach rasch mit allen Einzelheiten der Druckereitechnik bekannt machte. Nach der Freisprechung im Jahre 1803 ging er nach Leipzig und fand hier Anstellung als Setzer bei Friedrich Gotthold Jacobäer & Sohn in der Reichsstraße, einer größeren Firma, die auch mit Buchhandlung verbunden war. Er blieb nur bis 1804, weil ihn ein starker Wandertrieb erfaßte.

Um mehr zu sehen und zu lernen, ging er zunächst nach Ungarn. Ungarisch und Slawonisch zu setzen, machte ihm großen Spaß. Schon will er weiter, will Italien, die Schweiz und Frankreich bereisen, da  ruft ihn seine Familie in die Heimat zurück. Inzwischen hat nämlich sein Schwager Weinedel am 22. Februar 1806 eine Buchdruckerei erworben. Die Druckerei ist in Leipzig, aber Weinedel wohnt in Pillnitz und möchte sie nicht selbst führen. Obwohl Benedikt Gotthelf gar nicht damit einverstanden ist, kommt er schließlich doch. So entstand dann am 21. Februar 1811 durch Übernahme der Weinedelschen Buchdruckerei auf eigenen Namen die Firma B. G. Teubner.

Die Druckerei Weinedel lag in Reichels Garten oder im Alten Amtshof unweit der Pleiße. Als Teubner nach Leipzig kam, 'präsentierte er sich zunächst dem Oberältesten der Buchdruckerinnung, Herrn Fr. Christ. Dürr, wurde von demselben der städtischen Behörde zur Leistung des Censureides vorgestellt und begann dann seine Wirksamkeit. Die Offizin bestand aus zwei Pressen und 87 Ctr. Schrift.' Teubner vergrößerte rasch den Betrieb und pflegte von Anfang an besonders den wissenschaftlichen, zunächst philologischen, dann aber auch mathematischen Satz. Diese Spezialität brachte ihm rasch viele gute Kunden. Er bekam auch in kurzer Zeit Beziehungen zu Leipziger und anderen sächsischen Philologen, und immer mehr und mehr gewann in ihm der Gedanke Raum, doch einen eigenen Verlag ins Leben zu rufen. Der Anstoß kam durch den jungen Wilhelm Dindorf, der schließlich den Gedanken an eine kritischfundierte Sammlung antiker Klassiker für Schulen nahelegte. Teubner begeisterte sich sofort dafür, und so entstanden die ersten Schulausgaben, die den Verlag bald in ganz Deutschland bekannt machten. Anteil an diesem Erfolg hatte obendrein die typographische Leistungsfähigkeit seiner Offizin. Um die Mitte des Jahres 1848 erschien das erste Bändchen 'Xenopohons Anabasis von Ludwig Dindorf', das schon das bekannte Verlagssignet trug.

Die Druckerei hatte gleich in den ersten Jahren die Ungunst der Zeitverhältnisse kennengelernt, doch hatte Teubner auch für Napoleon zu drucken. Das Jahr 1836 brachte das 25jährige Jubiläum der Firma und den Beginn des Neubaus eines Geschäftshauses. Am 6. August 1838 fand der Richtschmaus statt.

Es ist nun unmöglich, die verlegerische Entwicklung der Firma im einzelnen zu schildern, denn die Verlagstätigkeit dehnte sich jetzt auf fast sämtliche Gebiete der Geisteswissenschaften aus. Auch Kunst, Literatur und Philosophie fanden Berücksichtigung, und neben dem philologischen wurde der mathematisch-naturwissenschaftliche Verlag ausgestaltet. Die Druckerei erhielt besonders ehrenhafte Aufträge, so den Druck des Gesangbuches. Der Verlag wandte sich dann noch besonders dem Bildungs-,  Erziehungs- und Unterrichtswesen zu.

Am 21. Januar 1856 ereilte der Tod den 71jährigen Teubner. Bis in die letzten Tage hinein war er rüstig und unermüdlich im Schaffen. Heinrich Brockhaus schrieb am 24. Januar 1856 in sein Tagebuch: '
Wir begruben heute den alten Teubner ... Er war ein merkwürdiger Mann, eine energische Natur. Man hat es anzuerkennen, daß er sich schwer durch das Leben hat hindurchkämpfen müssen, daß er viele Widerwärtigkeiten besiegt und mit großer Kraft und Beharrlichkeit es zuletzt zu etwas recht Ordentlichem gebracht hat. Vor solchen Naturen habe ich Achtung.' ..."

 
 

(Quelle:
Bunte Blätter. Leipziger Abendpost 15. Juni 1934.)

Seite erstellt: Leipzig, 01.07.2001.