Zum 200. Geburtstag B. G. Teubner
(Die Weltbühne Berlin / 1984):

 

B. G. Teubners Anfänge


"'... dies ist für mich große Belohnung, wenn die Autoren ihrem Verleger Ordre geben, sich an mich zu attachieren. Dies spornt meinen Fleiß und Aufmerksamkeit um das Doppelte an', schrieb B. G. Teubner am 4. September 1816 an seinen Freund F. A. Brockhaus. Im Alter von fünfundzwanzig Jahren hatte Teubner die Leitung der Leipziger Druckerei 'J. C. Weinedels Erben' übernommen und diesen Betrieb dann ab 1811 unter eigenem Namen weitergeführt. Das alles geschah zu jener Zeit, als im Leipziger Meßbericht festgestellt wurde: 'Der Handel mit Büchern rückt seinem Untergange näher.'

Benedictus Gotthelf Teubner, dessen Geburtstag sich am 16. Juni zum zweihundertsten Male jährte, galt als Spezialist für die Herstellung altphilologischer Bücher. Erfahrungen mit kompliziertem fremdsprachlichem Satz, mit ungarischen und slawonischen Texten, hatte er bereits während seiner Wanderjahre gesammelt. Daneben erledigte Teubner aber bald schon auch ganz andere Druckaufträge zur vollen Zufriedenheit: 1816 wurde Brockhaus mit seinen Broschüren, Zeitungen und vor allem mit dem Konversationslexikon wichtigster Kunde. Im gleichen Jahre widmete sich Teubner auch erstmals mathematischem Satz und druckte für den Verleger Weidmann die vierte Auflage des 'Logarithmisch-trigonometrischen Handbuches' von G. v. Vega.

Ab Mitte des vergangenen Jahrhunderts kam dem schwierigen mathematischen Satz besondere Bedeutung zu, als nämlich führende Naturwissenschaftler und Mathematiker ihre Arbeiten bei Teubner erscheinen ließen und der Verlag seinen Weltruhm im Publizieren mathematischer Literatur begründete. Der exakte Druck griechischer und lateinischer Textausgaben führte ihm viele neue Autoren zu; so schrieb beispielsweise 1848 der Berliner Ingenieur C. J. Schneitler: 'Die schöne Ausstattung Ihres Verlages bewegt mich, das Werk Ihnen anzubieten.'

Aber bleiben wir bei Teubners Anfängen. Die Freundschaft mit Friedrich Arnold Brockhaus geht auf die Tage der Völkerschlacht zurück. 1813 stand Leipzig unter Napoleonischer Fremdherrschaft, die Geschäfte liefen denkbar schlecht, und Brockhaus reiste am 19. Oktober aus Altenburg in die Stadt. Die ersten Berichte über die Völkerschlacht erschienen in seinen 'Deutschen Blättern', noch vor den amtlichen Mitteilungen.

Wie Teubner und Brockhaus damals im Keller des Reichelschen Gartens Freundschaft schlossen, beschrieb F. Schulze zu Beginn unseres Jahrhunderts wie folgt: 'Die Szene nimmt sich sonderbar genug aus. Teubner hat von Marodeuren eine Kuh erhandelt, treibt sie nach dem Keller und schlachtet sie, der Mediziner Puchelt zerlegt sie kunstgerecht, und Brockhaus sorgt für die Zubereitung. Die schon bestehende Geschäftsverbindung zwischen Brockhaus und Teubner schließt sich währenddem enger. Gleich am 23. Oktober druckt Teubner Nummern der 'Deutschen Blätter' ...'

Doch damit nicht genug. Brockhaus war kein gelernter Drucker, durfte folglich nach den strengen Zunftgesetzen unter eigenem Namen keinen Betrieb gründen. Wie ihm dies mit Teubners tatkräftiger Unterstützung trotzdem gelang, hielt F. Schulze ebenfalls fest: '... Brockhaus verkauft zum Schein seine in Entstehung befindliche Druckerei an Teubner mit Rückkaufsrecht und unter der Bedingung, daß nur Brockhaussche Verlagswerke gedruckt werden dürfen (15. März 1818). Dieser Kaufvertrag wird jedoch durch einen geheimen Revers aufgehoben und durch einen geheimen Sozietätsvertrag auf drei Jahre ersetzt ...  Bereits am 4. November 1819 wird jedoch auch dieser Sozietätsvertrag aufgehoben. Teubner gibt jetzt nur noch den Namen her, bis ein Jahr später Friedrich Brockhaus den Betrieb übernehmen kann.'

In dieser Zeit erweiterte und modernisierte Teubner auch seine eigene Druckerei. Nach Anfangsschwierigkeiten erhöhte er die Zahl seiner Pressen auf sieben, dann auf neun und betrieb im Jahre 1817 die leistungsfähigste Offizin Leipzigs. Die optimale Auslastung aller Pressen erforderte nun seine volle Aufmerksamkeit. Deshalb erschien ihm der Versand von Korrekturen als ein Unglück. In Sorge, weil aufgrund des mangelhaften Verkehrswesens Verzögerungen im Korrekturenversand auftreten und diese zu Stockungen im Betrieb führen konnten, klagte Teubner: 'Die Drucker leiden stets Not, wenn die Korrektur verschickt wird ... Bei Versendung der Korrekturen ist noch mein Lebtag nichts Gutes entstanden; und dies drückt mich vierfach. Ich habe ein Werk, wo sie in Wittenberg gelesen, eins dito, wo sie nach Altenburg, noch eins dito nach Pirna, und nun gar nach Breslau in Schlesien!'

Aus diesen Nöten heraus stellten viele Druckereien wissenschaftlich ausgebildete Korrektoren ein. Daß sich die Berufe des Korrektors und des Lektors bis in unsere Zeit erhalten haben, soll damit aber keineswegs nur auf Unzulänglichkeiten im Verkehrswesen oder gar bei der Postzustellung zurückgeführt werden.

Benedictus Gotthelf Teubner, der als Drucker begann und wenig später schon selbst erfolgreich Bücher verlegte, starb am 21. Januar 1856 in Leipzig. Anläßlich des einhundertfünfzigjährigen Betriebsjubiläums würdigte der damalige Kulturminister Alexander Abusch den Verlag mit den Worten: 'B. G. Teubner gehört neben Cotta, Brockhaus, Dietz u. a. zu den Verlagsanstalten, die die humanistischen und progressiven Traditionen des deutschen Verlagswesens repräsentieren.'

Auch heute noch sind Altertumswissenschaft, Mathematik, Wissenschaftsgeschichte und Naturwissenschaften Schwerpunkte der Arbeit in der B. G. Teubner Verlagsgesellschaft Leipzig. Neben bewährten Reihen und vielfältigen Einzelpublikationen erweitert der Verlag in diesem Jahr sein Editionsprogramm um die neuen Reihen 'TEUBNER-TEXTE zur Physik' und 'TEUBNER-ARCHIV zur Mathematik'. Außerdem erscheinen ab 1984 deutschsprachige Übersetzungen aus Werken antiker Autoren mit eigens dazu geschaffenen Illustrationen."
 

(Quelle:
Weiß, J.: B. G. Teubners Anfänge.
Die Weltbühne. 19. Juni 1984. 79(1984)25, S. 789-791.)


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Seite erstellt: Leipzig, 01.07.2001.

 

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