Hupfer, Peter:

Die Geowissenschaften im Teubner-Verlag Leipzig (1948 – 1990)

 

Neben den profilbestimmenden Verlagsschwerpunkten Mathematik und Physik (einschließlich Geodäsie) gehörten stets die physikalisch orientierten Geowissenschaften zum Programm des Teubner-Verlages in Leipzig. Es gibt kaum einen Studenten oder Wissenschaftler dieser Fachrichtung, der nicht Teubner-Bücher in seiner persönlichen Bibliothek zu stehen hat. B. G. Teubner in Leipzig brachte Titel aus den verschiedensten Gebieten der Lehre von der Erde heraus. Zahlenmäßig war es in diesen rund vier Jahrzehnten etwa ein Band pro Jahr, und einige dieser Bücher haben ihre Bedeutung über die Jahrzehnte hinweg bewahrt.

Beispielsweise seien auf dem Gebiet der Geographie die "Vegetationsgeographie auf ökologisch-soziologischer Grundlage" des Leipzigers Gerhard Schmidt (1969) hervorgehoben sowie "Geomorphologie" von Fritz Machatschek (5. und letzte Auflage 1952/1954) und Hans Webers "Die Oberflächenformen der Erde“ (2. Aufl. 1967). Für die Nahtlinie zwischen Geographie und Meteorologie charakteristisch sind die Werke von Manfred Hendl "Einführung in die physikalische Klimatologie" (1963) und "Grundriß einer Klimakunde der deutschen Landschaften" (1966).
Vor allem der zuletzt genannten Monographie wären mehr Auflagen und dadurch eine stärkere Verbreitung in ganz Deutschland zu wünschen gewesen. Doch als Folge der sich damals etablierenden Abgrenzungspolitik der DDR gegenüber der Bundesrepublik Deutschland brachte gerade dieser Titel dem an der Humboldt-Universität zu Berlin wirkenden Autor viele berufliche Ärgernisse und das absolute Verbot einer Neuauflage unter dieser inhaltlichen, d. h. deutschlandweiten Anlage des Werkes ein.  – Tatsachen, die den Nachgeborenen heute wohl nur schwer vermittelbar sind.

Christian Hänsel legte 1975 mit "Klimaänderungen - Erscheinungsformen und Ursachen" in knapper Form das damals wesentliche Wissen zu einem sich anbahnenden weltweiten Forschungsschwerpunkt dar, während Wolfgang Böer mit seiner Monographie "Technische Meteorologie" (1964) ein neues, für die Praxis wichtiges Gebiet erstmals systematisierte. Der frühe Tod des Autors verhinderte weitere Auflagen.

Ein Erfolgstitel ohnegleichen auf diesem Gebiet wurde das Werk von Ernst Heyer "Witterung und Klima": erste Auflage 1963, neunte Auflage 1996. Ungezählte Studenten in Ost und West, insbesondere jener Studiengänge, die Meteorologie im Nebenfach benötigen, haben nach diesem Buch gelernt. Sehr gute Rezensionen erfuhr auch die 1998 erschienene, völlig neu bearbeitete 10. Auflage des Heyerschen Werkes, unter neuer Herausgeber- und Autorenschaft.

Unter den wenigen "Wasser-Titeln" seien das seinerzeit häufig genannte "Handbuch der Wellen der Meere und Ozeane" von Erich Bruns (1955) sowie das Werk "Gewässerkunde und Wasserhaushalt des Festlandes" (1962) des damals führenden Hydrologen Reiner Keller aufgeführt. Das für einen breiten Interessentenkreis geschriebene Buch "Die Ostsee - kleines Meer mit großen Problemen" (Peter Hupfer) erlebte zwischen 1978 und 1984 vier Auflagen, und das war Ausdruck des allgemeinen Interesses an diesem wichtigen internationalen Umweltproblem.

Auf dem Gebiet der Geophysik wurden neben Institutsreihen und populärwissenschaftlichen Darstellungen interessanter Probleme dieser Wissenschaft auch Standardwerke veröffentlicht. Zu nennen sind das Lehrbuch "Physik der festen Erde" des Ungarn Laszlo Egyed sowie die Monographien "Abriß der Geologie des Harzes" (1966) von Günter Möbus und "Vulkane und Vulkanismus" (2. Auflage 1982) von Horst Rast.

Diese ausgewählten Beispiele zeigen, dass sich der Teubner-Verlag in Leipzig auch um die Edition eines breiten Spektrums geowissenschaftlicher Titel verdient gemacht hat. Entsprechend dem Anliegen des Verlages wurde auch hier darauf geachtet, dass sowohl Lehrbücher und Monographien als auch populärwissenschaftliche Schriften vertreten sind. Etliche dieser Titel sind inzwischen Gemeingut der Wissenschaft geworden und werden auch heute noch häufig zitiert.

 

 Prof. Dr. Ernst Heyer (links) und
 Prof. Dr. Peter Hupfer (rechts)
 während einer Tagung im Grassimuseum,
 Leipzig Johannisplatz, etwa 1966.
 

 (Foto: Prof. Dr. Peter Hupfer /
 Archiv der Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner.)

 

 

(Quelle:
Prof. Dr. Peter Hupfer, Berlin / Archiv der Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner, Leipzig, 2002.)

Erstveröffentlichung online am 15.09.2002 unter www.stiftung-teubner-leipzig.de

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Siehe auch:

Aus Teubner-Büchern (von Albert Einstein
über "Ach Gott, ein Mathematiker!" bis zu
einer Fehleinschätzung von Bill Gates) ...



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Seite erstellt: Leipzig, 15.09.2002.

 

  © Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner (i. G.), Leipzig, 2002.