Sturm, Horst:
Erinnerungen an die Hausverwaltung der Firma B. G. Teubner in Leipzig

 

Am 1. April 1933 begann ich meine Lehre als Schriftsetzer bei B. G. Teubner in Leipzig. Mein Weg führte mich damals vom Augustusplatz zum Pförtner Alfred Barche in der Poststraße 3 und von dort in das Setzereigebäude, das den zweiten Innenhof des Teubnerschen Gebäudekomplexes abschloss. Im großen Setzereisaal in der zweiten Etage befand sich mein Arbeitsplatz, und zwar in unmittelbarer Nähe des erfahrenen Faktors und Lehrmeisters Paul Fritzsche. Die Schriftsetzerlehre dauerte vier Jahre, bis Ende März 1937.

Als ich im Februar 1944 aus dem Krieg in die Firma zurückkehrte, waren die Geschäftsgebäude zerstört. Ich arbeitete nun unter anderem auch in der Hausverwaltung B. G. Teubner, und dort wurde Willy Geithner mein Vorgesetzter. Seine Berufsbezeichnung war Betriebsingenieur, und er trug die Verantwortung für alle technischen Anlagen im gesamten Teubner-Komplex Poststraße, Querstraße, Teubners Hof. Außerdem war er auch noch zuständig für ein von Teubner vermietetes Gebäude in der Leipziger Springerstraße, für die Villa in der Lortzingstraße 24 und für Gebäude im thüringischen Friedrichroda / Reinhardsbrunn.

Unsere Hausverwaltung mit den verschiedenen Werkstätten befand sich im Erdgeschoss des Buchbindereigebäudes, zwischen Hof I und Hof II. In den Werkstätten arbeiteten ein Schlosser, ein Klempner, ein Elektriker, ein Maurer sowie zwei Tischler: eine Tischlerei für die Druckstockbearbeitung und eine als Bilderrahmen- und Möbeltischlerei. 

An diese Werkstätten erinnere ich mich noch sehr gut, ebenso an zahlreiche andere Bereiche des weitverzweigten Firmenkomplexes im Leipziger Stadtzentrum. So war es beispielsweise möglich, vom Keller des Hauptgebäudes in der Poststraße 3 bis zur firmeneigenen, auf Erdgeschosshöhe gelegenen Kraftanlage (Dampfmaschine und Generatoren) Richtung Querstraße zu gelangen. Der Weg dorthin führte durch das Schriftenlager, das Papierlager und die Offsetdruckerei, welche sich alle in den Kellerräumen befanden.

Abschließend noch eine kurze Erinnerung an Willy Geithner: Er war etwa Jahrgang 1900, verheiratet, kinderlos, und er wohnte in der Poststraße 3 (oben). Nachdem dieses Gebäude ausgebrannt war, hatte er vorübergehend seinen Wohnsitz in der Villa des Teubner-Geschäftsführers Martin Giesecke, Alte Straße 2, gefunden. Von dort aus zog er dann in die Leipziger Auenstraße. Nach den Zerstörungen vom 4. Dezember 1943 lag ein Großteil der Verantwortung für die praktische Wiederingangsetzung der Betriebstätigkeit bei B. G. Teubner in den Händen von Willy Geithner.

 

(Quelle:
Horst Sturm, Leipzig / Archiv der Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner, Leipzig, 2002.)

Erstveröffentlichung online am 21.02.2002 unter www.stiftung-teubner-leipzig.de

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Seite erstellt: Leipzig, 21.02.2002.

 

  © Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner (i. G.), Leipzig, 2002.