Berlin / München:
Econ Ullstein List /
Propyläen 2002.
406 Seiten.
ISBN 3-549-07153-1
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Kurt Masur ist einer der großen
Dirigenten unserer Zeit. Er hat
mit den bedeutendsten Orchestern
und Solisten der Welt konzertiert.
Rechtzeitig zu seinem 75. Geburtstag
(18. Juli 2002) erschien diese große,
vom Maestro autorisierte Biographie.
Masurs langjähriger Vertrauter
Johannes Forner hat seinen
Lebensweg sachkundig und
einfühlsam nachgezeichnet – das
faszinierende Porträt eines weltweit
gefeierten Künstlers.
Auswahl und Zusammenstellung der Zitate: J. Weiß, Leipzig / weiss@stiftung-teubner-leipzig.de
Masur, K. (Forner, J.): Kurt Masur. Zeiten und Klänge. S. 183:
"Mit Kurt Masur änderte sich das grundlegend. Er wollte mit seinen thematischen Konzerten vor allem Mendelssohns Absicht eines inhaltlichen Leitgedankens über eine ganze Spielzeit hinweg wiederbeleben: Musikgenuss mit historischer Bildung zu verbinden, ein bewusst erlebendes Publikum zu erziehen. Der erste 'Leipziger Zyklus' umfasste Konzertabende mit Mendelssohn, Brahms, Mozart und Tschaikowski, reine Schumann- beziehungsweise Mahler-Programme; ein Gedenkkonzert zum fünfzigsten Todestag von Arthur Nikisch mit Schuberts 'Unvollendeter' und Bruckners 'Siebenter' – letztere war von Nikisch 1884 in Leipzig in Anwesenheit des Komponisten uraufgeführt worden, die große C-Dur-Sinfonie von Schubert, die Schumann 1839 in Wien entdeckt hatte und die von Mendelssohn noch im selben Jahr in Leipzig aus der Taufe gehoben worden war, außerdem Schostakowitschs Erste Sinfonie, die Bruno Walter 1929 als Novität dem Leipziger Publikum vorgestellt hatte, Max Regers Mozart-Variationen, die Brahmsschen Klavierkonzerte und 'Ein deutsches Requiem' – alles Werke mit Gewandhaustradition."
Masur, K. (Forner, J.): Kurt Masur. Zeiten und Klänge. S. 245:
"Er wusste, dass er diplomatisch und auch psychologisch geschickt vorgehen musste, um sein Ziel zu erreichen. Immerhin war der kostspielige Wiederaufbau der Dresdner Semperoper bereits beschlossen. Am 1. Juli 1974 packte er den Stier bei den Hörnern. Er schrieb einen Brief an das Zentralkomitee der SED, persönlich gerichtet an den Ersten Sekretär, Erich Honecker: 'Das Gewandhausorchester Leipzig entstand vor nunmehr ca. 230 Jahren, gegründet von progressiven Kräften des Bürgertums der Stadt. Eines der wenigen Spitzenorchester mit Weltruhm, dessen Geschichte nicht auf höfischer Tradition beruht ... Der Spielort des Gewandhausorchesters ist nach wie vor der 1946 als Interimssaal wieder hergestellte Bau der Kongresshalle im Zoo. Für jeden, der die Notwendigkeiten der Stadt Leipzig kennt, ist es unvorstellbar, dass dieser Saal heute noch zu repräsentativen Veranstaltungen auch im internationalen Maßstab benutzt werden muss. Aber offensichtlich haben sich die verantwortlichen Leipziger Stellen bereits daran gewöhnt, dass ihnen die Unzumutbarkeit dieses Saales gar nicht mehr bewusst wird ... Nach der jetzt vorhandenen Unentschlossenheit einiger Führungsgremien unserer Stadt besteht die Gefahr, dass sich Mitte der 80er Jahre dieser Mittelpunkt der Stadt, in dem sich der Name Karl Marx mit dem Zentrum der Wissenschaft und Kunst vereinigen soll, in einem bauplatzähnlichen Zustand befinden wird.'"
Masur, K. (Forner, J.): Kurt Masur. Zeiten und Klänge. S. 281/282:
"Bernd-Lutz Lange schlug vor, dass Kurt Masur das Band bespricht. Er besitze die meiste Autorität. Und so geschah es. Nach dem Friedensgebet versammelten sich wie seit Wochen die Menschen zur Demonstration. Diesmal waren es siebzigtausend, die durch die Innenstadt zum Georgiring zogen. Die Einsatzkräfte standen bereit. Da vernahmen Tausende eine ernste, klare Stimme: 'Unsere gemeinsame Sorge und Verantwortung haben uns heute zusammengeführt. Wir sind von der Entwicklung in unserer Stadt betroffen und suchen nach einer Lösung. Wir alle brauchen einen freien Meinungsaustausch über die Weiterführung des Sozialismus in unserem Land. Deshalb versprechen heute die Unterzeichneten allen Bürgern, ihre ganze Kraft und Autorität dafür einzusetzen, dass dieser Dialog nicht nur im Bezirk Leipzig, sondern auch mit unserer Regierung geführt wird. Wir bitten dringend um Besonnenheit, damit der friedliche Dialog möglich wird. Es sprach Kurt Masur.'
Der Gewandhauskapellmeister und seine Mitstreiter waren nicht die Einzigen, die an diesem Nachmittag zur Gewaltlosigkeit aufforderten. Drei Arbeitskreise appellierten an die Bevölkerung ... Doch die breiteste und stärkste Wirkung erzielte der Aufruf der Sechs. Immer wieder wurde der Appell des 'eigenwilligen Vetters von Martin Luther', wie das US-Magazin Time ihn einmal charakterisierte, über Stadt- und Rundfunk ausgestrahlt. Die Wirkung war beeindruckend. Auf offener Straße spendeten die Menschen Beifall, viele skandierten 'Masur, Masur!'"
©
Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner Leipzig / Dresden / Berlin / Stuttgart 2003. 
