O. Schlömilch und der Verlag B. G. Teubner

Vortrag, gehalten am 13.06.2001 an der TU Dresden
im Rahmen des Dresdner Mathematischen Seminars
 

Oskar Schlömilch wurde am 13. April 1823 in Weimar geboren und starb am 7. Februar 1901 in Dresden. Er studierte Mathematik und Physik in Jena, Berlin und Wien. Als Mathematikprofessor lehrte er an der Universität Jena und schließlich ab 1849 an der Kgl.-Technischen Bildungsanstalt Dresden. Damit sind wir genau in jenem Jahr angelangt, in dem der Verlag B. G. Teubner in Leipzig erstmals ein mathematisches Werk veröffentlichte: 1849 erschien das "Lehrbuch der descriptiven Geometrie", verfasst vom Dresdner Mathematikprofessor Traugott Franke. Dieses 96 Seiten umfassende Lehrbuch trägt den Aufdruck "Erstes Heft" und den Untertitel "Die Darstellung des Punctes, der Linie und der Ebene nach der Parallel-Projection". Diesem ersten Heft sollte sicherlich ein zweites Heft folgen, doch das ist nie erschienen. Offenbar lag das aber nicht am Teubner-Verlag, sondern an der Tatsache, dass Franke einen Ruf an die Polytechnische Schule in Hannover annahm und dort nicht zur Fertigstellung des Manuskriptes gekommen ist. Frankes Amtsnachfolger in Dresden wurde Oskar Schlömilch, und er vertiefte den zu Teubner in Leipzig bereits geknüpften Kontakt.

Der Vollständigkeit halber sei hier darauf hingewiesen, dass Schlömilch bei vielen Verlagen veröffentlicht hat, in den vierziger Jahren vor allem in seiner näheren Umgebung in Thüringen, d. h. in Jena, Eisenach oder Gera. Aus verschiedenen Quellen kann hier ein Dutzend Verlage in alphabetischer Reihenfolge genannt werden, bei denen Bücher von Schlömilch erschienen sind:

Bacmeister in Eisenach,
Baerecke in Eisenach,
Barth in Leipzig,
Engelmann in Leipzig,
Frommann in Jena bzw. in Stuttgart,
Hirzel in Leipzig,
Kanitz in Gera,
Katz in Dessau,
Otte in Greifswald,
Schmidt in Halle,
Schönfeld in Dresden,
Vieweg in Braunschweig; dort u. a. das heute noch erscheinende Werk "Fünfstellige logarithmische und trigonometrische Tafeln", das inzwischen in 63. Auflage vorliegt.

Und damit zu Benedictus Gotthelf Teubner: Der Verlagsgründer wurde 1784 in Gross-Kraussnigk in der Niederlausitz geboren, als elftes von zwölf Kindern. Sein Vater war Pfarrer. Mit vierzehn Jahren begann Teubner in Dresden beim Hofbuchdrucker C. C. Meinhold seine Lehre als Schriftsetzer. Dresden sollte eine wichtige Rolle in seinem weiteren Leben spielen, und natürlich auch Leipzig. Im Anschluss an die Lehre ging er als Setzer nach Leipzig, und nach Jahren der Wanderschaft gründete er in der sächsischen Messestadt 1811 die Firma B. G. Teubner. Es handelte sich dabei um eine Druckerei, der er 1824 einen eigenen Verlag anschloss. Im Mittelpunkt seines Verlagsprogramms standen altphilologische Schriften. Auf diesem Gebiet und später auch in der Mathematik gelangte Teubner zu Weltruhm.

Nach einer kurzen belletristischen Epoche erschienen in seinem Verlag ab 1845 auch erste Lehrbücher technischen Inhalts. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts gewannen die mathematisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen zunehmend an Bedeutung. Und darauf reagierte der Verleger B. G. Teubner. Er war in der Gelehrtenwelt schon bekannt für exakte Arbeit, für guten Satz der technisch anspruchsvollen altgriechischen und lateinischen Textausgaben. Qualität war damals keine Selbstverständlichkeit (und heute bekanntlich auch nicht). Es gibt Quellen, die verdeutlichen, dass Techniker und dann auch Mathematiker nicht zuletzt wegen drucktechnischer / buchgestalterischer Fragen den Kontakt zum Verlag suchten. So schrieb beispielsweise der Berliner Ingenieur Schneitler an Teubner: "Die schöne Ausstattung Ihres Verlages bewogen mich, das Werk Ihnen anzubieten." Letztlich blieben das aber alles Anfänge und noch relativ bedeutungslose Einzelveröffentlichungen.

Man kann heute rückblickend ohne Übertreibung sagen: Es war Oskar Schlömilch, von dem die wesentlichen Impulse für den Teubnerschen mathematischen Verlagszweig ausgingen. Schlömilch versuchte, von einigen seiner früheren Bücher neue Auflagen an den Teubner-Verlag zu übergeben. Das gelang mit seinem Lehrbuch "Grundzüge einer wissenschaftlichen Geometrie des Maßes", dessen erste Auflage Schlömilch 1849 noch in Eisenach hatte drucken lassen. Er versuchte das auch mit seinem bekannten "Kompendium der höheren Analysis", das bei Vieweg erschienen war. Doch das gelang nicht; dieses Werk verblieb bei Vieweg.

Die eigentliche und später sehr erfolgreiche Zusammenarbeit O. Schlömilch - B. G. Teubner begann mit einem höchst ärgerlichen Vorgang, nämlich mit einer von Schlömilch empfohlenen Übersetzung aus dem Französischen: Für ein "Lehrbuch der analytischen Mechanik" hatte er dem Verlag den Übersetzer Eggers vermittelt, der aber die Sache entweder zu leicht nahm oder ihr nicht gewachsen war. Außerdem stellte sich heraus, dass Vieweg das gleiche Werk ebenfalls hatte übersetzen lassen, allerdings qualitativ auch nicht besser. Jedenfalls entschloss sich Schlömilch zu einem sehr späten Zeitpunkt, und zwar als bei Teubner der Satz schon lief, das Original selbst noch einmal völlig neu zu übersetzen. In diesem Zusammenhang ist ein Brief von Schlömilch an Teubner überliefert. Am 19. Dezember 1852 schrieb er von Dresden nach Leipzig: "Nehmen Sie im voraus die Versicherung, daß der ärgerliche Eggerssche Handel Niemandem fataler sein kann, als mir selbst, der ich Sie sozusagen in die Dinte geführt habe. Freilich ist dies insofern meine Schuld nicht, als man einem Manne, dem es an tüchtigen Kenntnissen nicht fehlt, ... doch wohl kaum zutrauen wird, dass er bei seinem ersten Versuche mit solchem bodenlosen Leichtsinn verfahren werde."

Aber dann erschien 1855 mit dem "Lehrbuch der analytischen Geometrie" der beiden Dresdner Professoren Fort und Schlömilch ein Werk, das auch ein Verkaufserfolg wurde. Sehr guten Anklang fand später auch Schlömilchs "Übungsbuch zum Studium der höheren Analysis"; die beiden Bände erschienen erstmals 1867 / 1868.

Ganz entscheidend für die weitere Entwicklung war Schlömilchs Vorschlag, ein neues mathematisches Journal bei Teubner ins Leben zu rufen. Das hatte Schlömilch schon einige Jahre vorher vergeblich bei Enke in Erlangen versucht. 1854 schrieb er dann an Teubner und nahm bei der Einschätzung der Konkurrenz kein Blatt vor den Mund: Crelles Journal für Mathematik sei "für die große Klasse der Lehrer völlig ungenießbar". "Das gleiche gilt für Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie, die nur deshalb ein größeres Publikum haben, weil sie die einzige physikalische Zeitschrift sind, und weil zugleich alle Chemiker sie halten. Drittens Grunerts Archiv der Mathematik und Physik. Daß diese unter aller Würde redigierte Zeitschrift sich noch hält, ist nur ein Beweis für ein großes vorhandenes Bedürfnis." Weiter schrieb Schlömilch an Teubner: "Ich kann versichern, daß ich noch keinen Menschen gefunden habe, der die Grunertschen Aufsätze wirklich gelesen hätte und der nicht entweder über diese unnütze Formelmacherei geseufzt oder wie die Berliner schlechte Witze gemacht hätte. Gleichwohl hält der Schulmann das Archiv, weil eben nichts anderes für ihn da ist."

Teubner griff Schlömilchs Vorschlag umgehend auf, und so erschien seit 1856 die "Zeitschrift für Mathematik und Physik", später oft auch Schlömilchsche Zeitschrift genannt. B. G. Teubner starb 1856 in Leipzig. Mit dieser Zeitschrift und auf Vermittlung von Schlömilch gewann der Verlag in der Folgezeit zahlreiche Mathematiker als Autoren. Später - ab 1868 - gab es dann abermals einen kräftigen Aufschwung durch eine weitere neue Teubner-Zeitschrift, nämlich die "Mathematischen Annalen". Es folgte die Phase der engen und überaus erfolgreichen Zusammenarbeit mit Felix Klein, und das gipfelte schließlich in der offiziellen Grußadresse der Deutschen Mathematiker-Vereinigung zur Hundertjahrfeier 1911 mit der bekannten Aussage: "Die Verlagsbuchhandlung B. G. Teubner ist die Heimstätte der deutschen Mathematik geworden." Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Verlag in seiner Festschrift 1911 ausdrücklich festhält: "So war es denn für Teubner entscheidend, daß er bei der Begründung seines mathematischen Verlags gleich zu Anfang mit der technischen Bildungsanstalt in Dresden die engste Fühlung bekam."



Die heutige Veranstaltung ist dem Gedenken an Oskar Schlömilch gewidmet und damit auch der Entwicklung der Mathematikliteratur. Deshalb möchte ich hier einflechten, dass die Zusammenarbeit Dresdner Mathematiker - Verlag B. G. Teubner alle Wendungen der Geschichte überdauerte und sich kontinuierlich entwickelt hat. Stellvertretend nenne ich hier das erfolgreiche Lehrwerk MINÖL, d. h. unsere heutige Reihe "Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler", die seit 1973 auf 43 Bände angewachsen ist. Davon sind 12 Neuerscheinungen in den letzten zehn Jahren erschienen; hinzu kommen seit 1991 im Rahmen dieser Lehrbuchsammlung 17 Nachauflagen. Ein wesentlicher Posten sind natürlich auch die zahlreichen erfolgreichen Einzeltitel von Mathematikern aus Dresden. Ich erinnere nur daran, dass wir beispielsweise 1999 feststellen konnten, dass innerhalb eines knappen Jahres zehn Mathematikbücher von Dresdner Autoren im Teubner-Verlag erschienen sind. Und ich bin durchaus auch optimistisch bezüglich unserer künftigen Zusammenarbeit.

 

Noch lange nach Schlömilchs Tod, nämlich im 1916 veröffentlichten dritten Band der Abhandlungen über den mathematischen Unterricht in Deutschland (veranlasst durch die Internationale Mathematische Unterrichtskommission), wurde die fruchtbare Verbindung O. Schlömilch - B. G. Teubner mit den folgenden Worten gewürdigt: "Die meisten der bisher genannten mathematischen Werke, und namentlich die in den sechziger Jahren erschienenen, gehören einem Verlage an, der für die Entwicklung der mathematischen Wissenschaft seit jener Zeit größte Bedeutung gewinnen sollte. Es ist der Verlag B. G. Teubner in Leipzig, der seit seiner Verbindung mit Schlömilch mit besonderer Vorliebe gerade auch die mathematischen Wissenschaften pflegte."

Im gleichen Band aus dem Jahre 1916 wird über die mathematische Literatur vor 1870 gesagt: "Die bisher genannten Lehrbücher sind mit Ausnahme der Schlömilchschen Werke heute nicht mehr in Gebrauch. Die Schlömilchschen Bücher sind dagegen immer wieder, bis in die neueste Zeit aufgelegt worden, ebenso wie manche anderen mathematischen Werke aus dem Schlömilchschen Kreise, die vor 1870 entstanden sind. Zu diesem Schlömilchschen Kreise gehörte z. B. Wilhelm Fiedler", der aus Chemnitz stammte und als Professor für Höhere Mathematik an den Universitäten in Prag und Zürich wirkte.

Schlömilch hatte 1874 seine Lehrtätigkeit in Dresden aufgegeben und war als "vortragender Rath" und als zuständiger Referent für das sächsische Realschulwesen in das Dresdner Kultusministerium berufen worden. In der Literatur heißt es dazu u. a.: "Dort setzte er bis zu seinem Ausscheiden im Jahre 1885 eine Vielzahl bedeutender Veränderungen für den mathematischen Unterricht in Sachsen durch."

Schlömilchs Wirken im Ministerium wird beispielsweise auch im Zusammenhang mit dem Weggang des damaligen Privatdozenten Axel Harnack von Leipzig nach Darmstadt beschrieben. Um die "geometrische Lücke" in Leipzig zu schließen, bemühte man sich darum, Harnack zurückzugewinnen, und dazu heißt es in den Leipziger Universitätsakten: "Herr Geheimrat Schlömilch hatte schon vor mehr als Jahresfrist mit den hiesigen Mathematikern darüber conferirt, u. wir befanden uns über die Nothwendigkeit einer gesteigerten Vertretung der Geometrie an unserer Universität in voller Übereinstimmung."

Der Dresdner Mathematikprofessor Georg Ferdinand Helm charakterisierte Schlömilchs erfolgreiches Wirken mit den Worten, dass er "gleichweit entfernt war von unfruchtbaren, philosophischen Redensarten wie von einer möglichst eiligen praktischen Abrichtung, ohne deshalb eine fortwährende Verbindung mit der Praxis zu opfern".

Wir haben in den soeben gehörten Vorträgen von Herrn Prof. Dr. V. Nollau und Frau Dr. W. Voß viel über das historische Umfeld in Dresden und über Schlömilchs Wirken gehört. Bitte gestatten Sie mir hieran anknüpfend noch einige Anmerkungen zum Themenkreis "B. G. Teubner in Dresden":

Im Jahre 1833 gründete Teubner eine Druckerei in Dresden, in der Marienstraße 22. Die Räumlichkeiten waren aber bald zu klein, und 1874 / 1875 wurde das neue Teubner-Geschäftshaus in der Dresdner Großen Zwingerstraße errichtet. Großaufträge waren der Druck des "Dresdner Journals" und der Landtags-Mitteilungen. Um 1911 waren bei Teubner in Dresden 13 Schnellpressen im Einsatz; insgesamt gab es etwa 170 Beschäftigte. Über das Gebäude in Dresden und seine Vorgeschichte steht in der Teubner-Hauszeitung aus den dreißiger Jahren u. a. geschrieben: "Es ist ein schöner Renaissancebau italienischer Prägung ... Auf dem Platz unseres Hauses stand die alte Damm-Mühle ... Im Jahre 1440 war sie schon vorhanden ... Einen völligen Umbau erfuhr sie 1773." Dieser Teubnersche Druckereineubau 1874 / 1875 ist bis zur Zerstörung 1945 in Betrieb gewesen, also noch weit über ein Jahr nach der Zerstörung der Leipziger Teubner-Gebäude im zentralen innerstädtischen Bereich Poststraße / Augustusplatz / Teubners Hof im Dezember 1943.

In den letzten Wochen hat die in Gründung befindliche Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner interessante Materialien und Informationen von früheren, teilweise schon hochbetagten Leipziger Teubner-Mitarbeitern erhalten, unter anderem die eben genannte und heute kaum noch bekannte Teubner-Hauszeitung (1936 bis 1944). Nach der Zerstörung in Leipzig sind die letzten beiden Ausgaben vom Juni 1944 und vom Dezember 1944 bei Teubner in Dresden gedruckt worden. In diesen Quellen und in anderen Verlagsveröffentlichungen finden sich beispielsweise auch detaillierte Angaben über die technische Ausstattung der Dresdner Druckerei.

Hier noch in Kurzform eine Auswahl aus den vielfältigen Beziehungen Teubner - Dresden:

- Teubner knüpfte während der belletristischen Phase seines Verlages Kontakte zu einer Dresdner Literatengruppe, und es erschienen um 1840 entsprechende Bücher (Tiedge und vor allem auch Falkenstein werden immer wieder genannt).

- Constantin Carl Falkenstein war "Königl. Sächs. Hofrath" und Oberbibliothekar in Dresden. Seine zum Gutenbergjubiläum 1840 erschienene illustrierte "Geschichte der Buchdruckerkunst" ist eine großformatige Edition mit einer einmaligen Sammlung von Faksimiles und Kunstdrucken. Für dieses herausragende Werk erhielt Teubner zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem vom Sächsischen König, außerdem die goldene Huldigungsmedaille von Friedrich Wilhelm IV., und vom englischen Königspaar, dem ebenfalls ein Exemplar überreicht worden war, bekam Teubner die goldene Krönungsmedaille.

- In Dresden druckte Teubner die offiziellen Landtags-Mitteilungen, außerdem erhielt er Aufträge von verschiedenen Behörden: Hauptzollamt, Finanzministerium, Generaldirektion der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, später folgten sogar Fahrpläne für den Bereich der Reichsbahndirektion Dresden, welche besonders pünktliche und technisch einwandfreie Herstellung erforderten. Hinzu kamen Druckaufträge Kirchlicher Institutionen.

- In Dresden druckte er im Frühjahr 1845 beispielsweise auch Richard Wagners Tannhäusertext (ein Kostenvoranschlag für 5000 Exemplare wurde erstellt; die Auflage betrug dann 2000 Exemplare).

- Heute ist kaum noch bekannt, dass Teubner sich seit etwa 1840 um eine Zeitungsgründung in Dresden bemühte. Der Dresdner Bibliothekar Gustav Klemm befürwortete dies seinerzeit und schrieb an Teubner: "Ich glaube das Dresdener Leben ziemlich genau zu kennen ... jammervoll ist es, daß seine wissenschaftliche, namentlich aber seine künstlerische (Seite) fast ganz unbeachtet bleibt, und bloß deshalb, weil sie ohne Organ dasteht." Im Juni 1846 lag Teubners erste Probenummer vor, und ab Juli 1846 erschien sein "Dresdner Tageblatt: zur Vertretung örtlicher und vaterländischer Interessen". Teubner war Herausgeber und Drucker. Aus dieser Zeitung ging dann das "Dresdner Journal"  hervor und später die "Sächsische Staatszeitung".

 

Ich möchte im heutigen Vortrag nicht versäumen, eine Bitte zu äußern: Sollte der eine oder andere von Ihnen jemand kennen, der bei B. G. Teubner in Dresden gearbeitet hat, ob in leitender Position, in der Setzerei oder auch als Lehrling, wäre ich für eine Information sehr dankbar. Wie oben schon gesagt, melden sich jetzt in Leipzig (bei der künftigen Stiftung im Haus des Buches, Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig) frühere Teubner-Mitarbeiter, die zum Teil als Lehrlinge in der Firma begonnen haben: 1944 oder 1936, 1926 oder sogar schon 1921 (siehe hierzu auch die im Aufbau begriffene Rubrik "Teubnerianer" auf der Stiftungs-Homepage). Es wäre sehr interessant, mit früheren Teubner-Mitarbeitern aus Dresden in Kontakt zu kommen. Die Druckerei in Dresden produzierte bis 1945, und wer beispielsweise 1943 / 1944 seine Lehre angefangen hat, ist etwa Jahrgang 1928 / 1930. Man könnte dann versuchen, von diesen früheren Mitarbeitern authentische Informationen und ggf. auch Materialien / Fotos / einzelne Dokumente zu erhalten, die sonst möglicherweise verloren gehen würden. Räumlich handelt es sich um das 1874 / 1875 von Baumeister Päßler errichtete Teubner-Gebäude in der Großen Zwingerstraße und das später angemietete Nachbarhaus in der Kleinen Zwingerstraße 4, also um die Region Annenstraße, Flemmingstraße, Mühlgraben, Zwinger.
Auf der Stiftungs-Homepage finden Sie mehrere Rubriken zur Firmengeschichte, speziell auch zu den traditionellen Teubner-Standorten Leipzig, Dresden und Berlin. Im Laufe der Zeit (und mit Blick auf das 200-jährige Firmenjubiläum 2011) entsteht schrittweise eine "Kulturgeschichte der Firma B. G. Teubner - online".

 

Es freut mich sehr, dass ich hier vor den Mathematikern der TU Dresden über Schlömilch und den Teubner-Verlag sprechen konnte. In dieser fruchtbaren Beziehung spielte das möglichst effektive und solide Veröffentlichen wissenschaftlicher Manuskripte eine zentrale Rolle. Druckqualität und Nutzung geeigneter Druckverfahren waren auch in der Folgezeit ein Hauptanliegen der Firma B. G. Teubner (beispielsweise veröffentlichte Felix Klein vor 100 Jahren Vorlesungsausarbeitungen im Rahmen der Autographierten Vorlesungshefte des Teubner-Verlages; vgl. hierzu auch die Beiträge: Steindruck und autographierte Vorlesungshefte zur Mathematik; Notizen über die Entwicklung hin zum Schreibsatz). Auch in der Gegenwart sind Qualität, möglichst kurze Veröffentlichungsfristen, digitale Druckverfahren und nicht zuletzt die Ladenpreise wesentliche Faktoren in der Zusammenarbeit  Verlag - Wissenschaftler. Deshalb nutze ich die heutige Veranstaltung abschließend sehr gern für zwei kurze, aktuelle Mitteilungen:

 

Mitteilung 1 / Künftige Stiftung: Die Gründungsphase der künftigen Teubner-Stiftung begann am 1. Juli 2000 im Haus des Buches in Leipzig. Die Gründung der "Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner Leipzig Dresden Berlin" wird voraussichtlich 2003 erfolgen. Grundstockvermögen und programmatische Vorarbeit würden es ermöglichen, diese neue Stiftung bereits heute entstehen zu lassen. In nächster Zeit geht es darum, die Kapitalausstattung noch zu verbessern, damit dann etwa ab 2004 / 2005 entsprechende Zinserträge zur Verfügung stehen und im Dienste der Wissenschaft eingesetzt werden können. Außerdem wird sich in den kommenden Jahren die Homepage der Stiftung zu einem Internet-Portal entwickeln. Schrittweise entsteht eine "Kulturgeschichte der Firma B. G. Teubner - online". Dabei werden historische, teilweise noch unveröffentlichte oder schwer zugängliche Materialien bereitgestellt, ergänzt durch aktuelle Informationen aus dem wissenschaftlichen, kulturellen und regionalen Umfeld. Dieses neue Internet-Portal beschränkt sich aber keineswegs auf Teubner-Geschichtsschreibung – vielmehr entsteht eine online-Plattform, die sowohl für die Historie offen ist als auch für vielfältige aktuelle Inhalte.

Pünktlich seit 21. Februar 2001 (190. Jahrestag der Firmengründung durch B. G. Teubner in Leipzig) finden Sie die in Gründung befindliche Stiftung mit eigener domain im Internet. Eine erste Erweiterung dieser Homepage erfolgt im Juli / August 2001, und schon zur Leipziger Buchmesse im März 2002 werden Aufbau und Themenfelder dieses Internet-Portals deutlich sichtbar sein. Jeweils zum 21. Februar (zur Leipziger Buchmesse im März) und dann wieder zur Frankfurter Buchmesse im Oktober folgen regelmäßig Aktualisierungen / Erweiterungen des Internet-Auftritts. Falls notwendig, kann aber auch tagesaktuell reagiert werden, und es wird gelegentlich Überraschungen geben. Schauen Sie einfach ab und zu rein unter: www.stiftung-teubner-leipzig.de

Die künftige Stiftung beabsichtigt, nahezu sämtliche Zinserträge der Förderung von Wissenschaft und Kunst / Kultur zugute kommen zu lassen. Es ergeben sich dann beispielsweise auch Möglichkeiten, von Fall zu Fall Buchprojekte mit einem Druckkostenzuschuss zu fördern, und zwar unbürokratisch. Außerdem kann der eine oder andere Wissenschaftspreis vergeben werden.

 

Mitteilung 2 / Künftiger Verlag: Ebenfalls im "Haus des Buches" in Leipzig, im Umfeld der künftigen Stiftung (aber unabhängig davon), entsteht eine neue Publikationsmöglichkeit für wissenschaftliche Manuskripte. Dieser neue Verlag wird im Dienste der Wissenschaft arbeiten, und zwar auf der Basis Print on Demand. Mit dieser Technik können die Bücher jederzeit - innerhalb kürzester Fristen - hergestellt werden. Sie bleiben lieferbar; man kann sie aber auch problemlos inhaltlich aktualisieren. All das geschieht ohne teuren Verwaltungsapparat und ohne Lagerkosten. Thematische Schwerpunkte sind Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Wissenschaftsgeschichte. Die Manuskripte werden in Leipzig in bewährter Weise lektoratsseitig betreut, von führenden deutschen Anbietern professionell produziert und weltweit vertrieben: sowohl unter Nutzung der modernen Internet-Distribution als auch über den Buchhandel.

Dieser neue Leipziger Wissenschaftsverlag basiert auf der Abkehr von Renditedenken und Gewinnmaximierung. Im Zentrum der Verlagsphilosophie steht die direkte, partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Autor.

Print on Demand, Internet-Buchhandel, minimale Personalkosten und Verzicht auf traditionelle Lagerhaltung führen zu kalkulatorischen Vorteilen gegenüber herkömmlichen Verlagshäusern. Diese Einsparungen werden über den Ladenpreis an die Buchkäufer weitergereicht. Damit sind auch künftig Print-Fassungen von jenen wissenschaftlichen Werken möglich, die sich für industriell produzierende Großverlage mit starren Renditevorgaben "nicht rechnen".

Dieser kleine, flexible, fast virtuell arbeitende Wissenschaftsverlag versteht sich dabei keineswegs als Konkurrent der "Global Player". Als unabhängiger Verlag im Dienste der Wissenschaft arbeitet er getreu dem Motto des sächsischen Typographen, Verlagsbuchhändlers und Leipziger Stadtrats Benedictus Gotthelf Teubner: "Was gemacht werden kann, wird gemacht." Der Name dieses neuen Verlages wird rechtzeitig bekannt gegeben.

 

 

Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. Dieser Vortrag und auch die beiden aktuellen Mitteilungen sind schon bald im Internet nachlesbar, unter: www.stiftung-teubner-leipzig.de

 

Ihr Jürgen Weiß.

 

 

 

Quellen:

Schulze, F. (Hrsg.): B. G. Teubner 1811 - 1911. Geschichte der Firma. Teubner 1911. 
Abhandlungen über den mathematischen Unterricht in Deutschland, Dritter Band. Teubner 1916.
Hauszeitung B. G. Teubner 1936 - 1944.
100 Jahre Mathematisches Seminar der Karl-Marx-Universität Leipzig. Deutscher Verlag der Wissenschaften 1981.
Weiß, J.: Steindruck und autographierte Vorlesungshefte zur Mathematik. Papier und Druck 38(1989)6, S. 281-284.
Weiß, J.: Notizen über die Entwicklung hin zum Schreibsatz. Papier und Druck 39(1990)7, S. 307-312.
Riedrich, T.: O. Schlömilch – G. Helm – E. I. Trefftz – F. A. Willers: 100 Jahre anwendungsorientierte Mathematik an der TH Dresden. Manuskript Dresden 2000.
Archiv der Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner (i. G.): seit Juli 2000.

 

 

Weiß, J.: O. Schlömilch und der Verlag B. G. Teubner.

Vortrag, gehalten am 13.06.2001 an der TU Dresden im Rahmen des Dresdner Mathematischen Seminars.
 

Erstveröffentlichung online am 21.08.2001 unter www.stiftung-teubner-leipzig.de

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Seite erstellt: Leipzig, 21.08.2001.

 

  © Stiftung Benedictus Gotthelf Teubner (i. G.), Leipzig, 2001.